Kapitel 6 - Verlangen


Sanft tauchte ihre Hand in sein Haar und begann mit den einzelnen Strähnen zu spielen. Sie lächelte dabei, sanft, beinahe etwas verträumt. Doch dann begann sie mit leiser Stimme zu erzählen: „Wie du jetzt schon weißt, sagt man, dass die Sterne die Engel des Silbernen Drachen sind, dass sie die Dunkelheit der Nacht bewachen, wenn das Licht des Tages fern ist.
Es wird aber auch erzählt, dass ab und an, in seltenen Augenblicken, nur in wenigen Jahren im ewigen Lauf der Zeit, den Engeln erlaubt ist, einen Fuß auf die Erde zu setzen, wenn auch nur kurz. So tragen sie, wenn sie herabsteigen, die Gestalt von Tieren oder aber auch von Menschen. Und so erzählt eine Geschichte, dass einer jener Engel die Erde berührte und die Gestalt eines weißen Luchs-Weibchens annahm.
Sie zog ihre Wege durch den tiefen Wald und traf dort auf einen Wolf.
Ein Blick allein genügte und beide Tiere spürten eine tiefe Verbundenheit zueinander und das, obwohl sie so unterschiedlich waren.
Gemeinsam zogen sie durch die Nacht, um zu jagen und teilten ihren Weg unter dem Sternenzelt von dem aus die Schwestern des Engels hinabsahen auf das Schicksal der beiden.
Sie hingegen wusste, dass ihre Zeit begrenzt war, die sie auf der Erde verbringen konnte. Der Wolf jedoch ahnte nichts davon und als der Tag kam, an dem sie ihn verlassen musste, war er erfüllt von Zorn und Schmerz.
Jamila, das war der Name des Engels, kehrte zurück zu ihren Schwestern und sah jede Nacht hinab zu ihrem Wolf, der von jenem Tage an keinen einzigen Blick mehr den Sternen am Himmel zuwandte. Trotzdem wachte sie über ihn, all die Jahre seines Lebens und als die Stunde seines Todes gekommen war, bat Jamila den Silbernen Drachen, zu ihm zurückkehren zu können.
Der Silberne Drache, dessen Wesen die Gnade ist, gewährte dem Engel seinen Wunsch, noch einmal auf die Erde hinabzusteigen, diesmal in Gestalt eines Wolfswelpen und der alte, sterbende Wolf erkannte Jamila nicht, als sie zu ihm kam.
Sie legte sich zu ihm und blieb dort, bis sein letzter Atemzug verstrichen war und als sie in den Himmel zurückkehrte, nahm sie einen einzelnen Ton seines Seelenliedes mit sich hinauf in die Nacht und trug ihn fortan in ihrem Herzen.“
Sie schwieg und sah in Alkanas Augen, ließ sich einmal mehr in das tiefe Blau fallen und spürte eine fast unerträgliche Wehmut in sich aufsteigen. Dennoch lächelte sie.
Er erwiderte das Lächeln ruhig.
„Was für eine schöne, aber traurige Geschichte. Hätte er gewusst, wer sie wirklich ist, hätte er sich wohl eine andere Jagdgefährtin gesucht.“
Der Satz kam ihm leicht und unbeschwert über die Lippen und Lauriel wandte den Blick ab. Für einen kurzen Moment flammte Sehnsucht nach der Heimat in ihr auf, nach Menschen, die sie kannten und schätzten und vor denen sie nichts verbergen musste. Dann jedoch fühlte sie die Wärme, die er ausstrahlte und zwang sich, ihm den Blick wieder zuzuwenden.
„Wir wissen nie, was für Wege das Schicksal für uns bereithält und nichts geschieht ohne Grund.“
Alkanas hob die Hand und fuhr durch ihr Haar.
„Du hast recht, jangwa maua, aber dennoch müssen wir nicht alles einfach hinnehmen, was das Schicksal uns bringt.“
‚Ich wünschte, du hättest Recht‘, dachte sie im Stillen, doch sprach es nicht aus. Stattdessen fuhr sie mit den Fingerspitzen einer Hand langsam und sanft die Linien seines Gesichtes nach, ohne darüber nachzudenken, was sie tat.
Alkanas schloss die Augen und genoss es sichtlich und erst, als er die Augen wieder öffnete und sie ansah mit einem Funkeln im Blick, das sie schlucken ließ, zog sie ihre Hand zurück und wagte für einige Augenblicke kaum zu atmen.
Er hingegen sah sie an und brachte sein Gesicht so dicht vor ihres, dass sie seinen Atem auf ihren Wangen spüren und die Wärme seiner Lippen ahnen konnte.
„Bitte..“, flüsterte sie tonlos und schloss die Augen, weil sie glaubte, zerspringen zu müssen, wenn sie noch länger diesen Ausdruck in seinem Blick sah.
Eine Weile geschah nichts.
Dann spürte sie, wie die Wärme nachließ und er nah an ihrem Ohr flüsterte:
„Du ahnst nicht, wie schwer mir das fällt.“
‚Mehr, als du denkst‘, dachte sie im Stillen für sich und flüsterte leise:
„Danke.“
Eine Weile lang schwiegen sie beide, bis er schließlich tief durchatmete und sagte:
„Wir sollten schlafen, wenn wir noch etwas Ruhe finden wollen, ehe die Sonne zu heiß vom Himmel brennt.“
Lauriel sagte nichts, nickte nur und während sie ihren Gedanken nachhing, spürte sie, wie er langsam in einen tiefen Schlaf hinabglitt.
Es war ein schönes Gefühl.
Er war hier, ganz nah bei ihr und schenkte ihr einen Hauch von Nähe, etwas, was sie im Laufe der vielen Jahre, die vergangen waren, seit der Rote sich ihr zuletzt gezeigt hatte, beinahe vergessen hatte.
Erstaunt begann sie zu verstehen, dass sie tatsächlich so etwas wie Geborgenheit empfand und sie musste über sich selbst schmunzeln, als sie es schließlich verstand.
Schlaf fand sie hingegen nicht. Ihre Gedanken kreisten um all das, was geschehen war in dieser Nacht, um Erinnerungen und Bilder in ihrem Sinn.
Die Sehnsucht nach seiner Nähe brannte in ihr auf und sie kämpfte sie wütend nieder, da ihr klar war, dass sie die Kontrolle darüber niemals verlieren durfte.
In dem verzweifelten Versuch, sich von ihrem Verlangen nach ihm abzulenken, ließ sie ihre Gedanken weit zurückwandern, fort in das erste Zeitalter und zu ihrem Ziehsohn.
Sie wollte sich an die schönen Augenblicke erinnern, die sie mit ihm geteilt hatte und ein Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie sich neben ihm auf dem Lager aus Fellen liegen sah.
Nabu sah durch die Luke im Zelt hinauf zu den glitzernden Sternen und wie so oft drehte er eine von Lauriels Haarsträhnen zwischen seinen kleinen Fingern.
„Sind das die Engel des Silbernen Drachen, Lauriel?“
„Ja, das sind sie, Nabu. Aber weißt du denn auch, wofür der Silberne Drache steht?“ Nabu drehte sich zu ihr um und grinste.
„Ja, der Silberne Drache steht für die Schöpfung.“
„Und was noch?“
Lauriels Blick war voller Wärme. Dass er wieder schlafen konnte, ohne schreiend aufzuwachen und dass er wieder lächeln konnte, erschien ihr wie ein Wunder.
„Hm..“
„Er steht für die Gnade, Nabu.“
„Ach so.“
„Und der Schwarze Drache?“
Nabu nestelte an der Haarsträhne und dachte angestrengt nach. „Der Schwarze Drache steht für das Ende?“ Lauriel lächelte.
„Wenn der Silberne Drache der Anfang ist, dann ist der Schwarze Drache das Ende. Er ist geheimnisvoll und mächtig und wünscht sich, immer noch mehr Macht zu besitzen.“ Nabu sah sie nachdenklich an.
„Und das ist gut?“
Lauriel stubste mit dem Finger auf seine Nasenspitze.
„Es ist nicht an uns, die Wege der Drachen zu bewerten, Nabu.“
„Dann ist da der Rote Drache, das ist einfach. Er steht für die Tat und für den Kampf und für die Familie.“
Lauriel nickte und strich dem Jungen durch die blonden Locken.
„Ja Nabu, genauso ist es.“
Er sah sie an und sein Blick wurde kurz etwas dunkler. „Du bist jetzt meine Familie.“ Sie sah zu ihm und nickte.
„Ja, Nabu, und das werde ich immer sein, versprochen.“ Eine Weile lag Stille in der Luft, dann sprach sie rasch weiter.
„Was ist mit Grün?“
Das Lächeln kehrte zurück auf das Gesicht des Kindes. „Er steht für das Leben und die Wälder und die Tiere.“ „Und…?“, fragte Lauriel. „Ich mag Jagen nicht.“ Lauriel lachte.
„Aber dennoch gehört es zum Weg des Grünen Drachen, so, wie die Gnadenlosigkeit.“ Nabu seufzte.
„Welche Drachen kennst du noch?“
„Der Kupferne Drache. Er ist der stärkste und herrscht über alle anderen.“ Lauriel schmunzelte und nickte.
„Und der Graue Drache steht für Weisheit.“
„Aber auf für Wissen und vergessen“, fügte Lauriel hinzu.
Nabu runzelte die Stirn.
„Aber das passt doch eigentlich alles nicht.“
Lauriel spürte die immer schneidender werdende Kälte der Wüstennacht und zog das Fell weiter über Nabus kleinen Körper.
„Naja schau, jeder Drache hat seine hellen und seine dunklen Seiten. Wo der Rote für die Tat, die
Familie und den Kampf steht, steht er auch für den Blutrausch. Der Grüne ist Leben, aber auch
Gnadenlosigkeit, der Kupferne Drache steht für Herrschaft, aber auch für Tyrannei und der Graue für Wissen und Vergessen.“ Nabu zog die Nase kraus.
„Was ist Tyrannei?“
Lauriel stutzte und lachte schließlich.
„Tyrannei ist, wenn jemand nicht richtig verstanden hat, was Herrschaft eigentlich sein sollte.“ Nabu sah sie verwirrt an und Lauriel schmunzelte.
„Naja schau, wenn jemand herrscht, wie zum Beispiel ein Sultan über ein Land und ihm dann egal ist, was mit den Menschen passiert, dann leiden diese meistens sehr darunter. Solche Herrscher hat es schon gegeben in der Welt. Sie interessiert nur, was für sie selbst gut ist und nicht für andere.“ Nabu nickte.
„Aber es fehlt noch ein Drache, fällt er dir ein?“
Eine Weile herrschte Schweigen und Lauriel glaubte, die angestrengten Gedanken beinahe hören zu können. Als der Ausdruck in dem kleinen Gesicht schließlich fast verzweifelt war, fuhr sie fort. „Da ist noch der Goldene Drache. Er steht für Recht und Gerechtigkeit.“ Nabu lachte.
„Ich vergesse immer den Goldenen Drachen, obwohl wir in Osarien leben.“ Lauriel stimmte in das Gelächter ein.
„Und was ist die Dunkle Seite des Goldenen Drachen, Lauriel?“ Sie sah ihn an und stubste nochmal gegen seine Nase. „Der Verrat. Und jetzt wird geschlafen.“ „Aber..“, begehrte er auf.
„Kein Aber. Augen zu.“
Er gehorchte schließlich und schlief ein, ihre Haarsträhne noch immer zwischen den Fingern. Wie fast jede Nacht sah sie ihm beim Schlafen zu und dankte den Drachen für jedes Lachen, das er ihr schenkte.

Lauriel spürte, wie Alkanas neben ihr atmete und fühlte eine tiefe Ruhe in sich, begleitet von dem stillen Schmerz, der sie immer dann ergriff, wenn sie an Nabu dachte und sie sich fragte, wie es ihm ging und ob er glücklich war.
Irgendwann schließlich fielen auch ihr die Augen zu und sie begann zu träumen.
Oft war es die Vergangenheit, die sie in ihren Träumen sah, manchmal die Gegenwart und selten die Zukunft. Diese Träume hatte sie immer gehasst. Es war schwer genug, so viel länger als ein Mensch zu leben und all die Erinnerungen in sich zu tragen und nichts davon vergessen zu können. Etwas zu sehen, was möglicherweise noch geschehen würde war etwas, was sie zutiefst ängstigte. In dieser Nacht hingegen träumte sie lange von den glücklichen Tagen in der Wüste, damals, im Zeitalter der Wunder, als sie sah, wie Nabu langsam größer wurde.
Doch wenn sie im Traum den Blick zum Rand der Dünen hob, sah sie dort den Jäger stehen, dessen Nähe sie so sehr verbrannte und selbst auf die Weite Entfernung glaubte sie das Blau seiner Augen zu erkennen.
Dann wandelten sich die Bilder ihres Traums und sie sah sich selbst, weit fort von jeder Wüste in den alten Wäldern, die die Grenze Fallacons im Norden kennzeichneten.
Den grasbewachsenen Hang hinab sah sie das Schlachtfeld und dort, wo sie stand, waren die Verletzten hingebracht worden.
Sie sah an sich hinab und sah sich in einem einfachen, roten Leinenkleid mit einer blutbefleckten Schürze.
Was tat sie hier?
Alles fühlte sich seltsam an, als wäre sie nicht sie selbst. Wo war ihre Waffe?
„Lianna hier!“
Lauriel sah sich um, verstand das Zurufen aber nicht.
„Lianna! Schnell!“
Eine Frau schrie sie an, auf ihren Arm gestützt ein Krieger, der aus einer klaffenden Wunde blutete.
„Bitte!“
Lauriel glaubte zu verstehen, dass sie gemeint war und machte langsam einige Schritte auf die Frau zu. In dem Moment hörte sie das Heranpreschen von Pferdehufen.
„Pass auf!“
Die Stimme der Frau überschlug sich. Dann war das Pferd samt Reiter schon heran und riss Lauriel mit sich.
Verzweifelt versuchte sie sich, aus dem Griff zu winden, doch es fehlte ihr an ihrer gewohnten Stärke und so wurde sie auf das Pferd gezerrt, ihre Augen verbunden und ihre Hände gefesselt.
Der Ritt ging lang – wie lang genau, hätte sie nicht sagen können, doch als man sie vom Pferd zog und ihr die Augenbinde abnahm, schmerzte ihr ganzer Körper.
Sie sah sich um und erkannte die Jäger des Grünen Drachen. Einige grinsten sie an, andere wirkten beinahe enttäuscht bei ihrem Anblick.
„Irgendwie hatte ich sie mir anders vorgestellt“, sagte einer.
„Sie erinnert sich nicht, wer sie einmal war. Das ist wohl so bei Legendenwebern, wenn sie sterben und wiedergeboren werden“, erwiderte ein anderer.
„Sie trägt nicht mal Waffen“, kam von der anderen Seite des Kreises, der sich um sie gebildet hatte.
„Was wollt ihr von mir?“
Lauriel hörte ihre Stimme und erkannte sie selbst kaum.
Als Antwort teilte sich die Menge der Jäger und machte einem hochgewachsenen Mann Platz, der langsam auf sie zuschritt.
Sein Gesicht war von einer abstrakten Schönheit, die nur von der Grausamkeit seines Lächelns durchbrochen wurde. Auf seiner Stirn glänzte ein tiefgrün schimmernder Stein, wie Sommerlaub und Tannen und sein dunkles Haar war in viele kleine Zöpfe geflochten, in die Holzperlen eingearbeitet waren.
„Da bist du ja.“
Seine Stimme war beinahe sanft, der Ausdruck in seinen Augen jedoch veränderte sich mit jedem Schritt, den er weiter auf sie zukam.
Als er bei ihr war, beugte er sich zu ihr herab, sog ihren Geruch ein und das Lächeln auf seinen Lippen wurde von einem Ausdruck kaum unterdrückbarer Gier überlagert.
„Bitte..“, hörte Lauriel sich sagen und tief im Traum kämpfte sie verzweifelt mit sich selbst. Warum wehrte sie sich nicht? Warum war sie so wenig sie selbst?
Der Mann brachte sein Gesicht dicht vor ihres und lächelte wieder. Dann zog er einen Dolch aus seinem Gürtel und trieb ihn wortlos zwischen ihren Rippen hindurch bis zu ihrem Herzen. Sie schrie verzweifelt, Blut lief über seine Hand und das letzte, was sie sah, als sie zu Boden sank, war, wie er langsam und genüsslich das Blut von seinen Fingern leckte und lachte, ehe er sich abwandte und ging.
„Shadia, wach auf!“
Sie keuchte und riss die Augen auf.
„Was..?“
Besorgt sah Alkanas auf sie herab, die Hände an ihren Schultern, um sie wachzurütteln. Sie blinzelte und versuchte, zu begreifen, wo sie war, da zog er sie schon zu sich und strich ihr durchs Haar.
„Du hast nur geträumt.“
Lauriel zog die Brauen zusammen und spürte, wie ihr Herz hart gegen ihren Brustkorb trommelte.
„Ich..“
Ihre Stimme war atemlos.
„Nur ein Traum“, wiederholte er ruhig.
Lauriel versuchte ihre Gedanken und die Bilder ihres Traums zu sortieren. Dann wand sie sich aus seinem Griff und schob sich langsam von ihm weg, stand auf und ging einige Schritte fort zum Ufer des Sees.
Ihre Gedanken brannten in ihrem Sinn.
War das letztlich ihr Schicksal?
Als die Drachen sie und die beiden anderen unsterblichen Seelen gefunden hatten, gaben sie ihnen die Aufgabe, das Wissen der Welt zu bewahren und zu hüten. Sie wurden die ersten drei
Legendenweber. Jeder der Drachen hatte ihnen dafür etwas mit auf den Weg gegeben. Der Kupferne hatte ihnen das Pflichtbewusstsein gegenüber dem Kreislauf gegeben, der Rote die Tatkraft, der Grüne die Gabe, die Stimme der Natur zu verstehen. Lauriel schüttelte kaum merklich den Kopf. Der Goldene hatte ihnen die Fähigkeit genommen, zu lügen, der Schwarze hatte ihnen die Fähigkeit gegeben, zu sterben, der Silberne hatte bestimmt, dass sie wiedergeboren werden und der Graue hatte ihnen das Vergessen gegeben. Doch was das wirklich bedeuten sollte, hatte sie nie wirklich verinnerlicht.
Als die Drachen zu ihnen sprachen, klang es wie ein Segen, ein neues Leben beginnen zu können, wenn die Zeit dafür gekommen war. Es klang nach Leichtigkeit und Sorglosigkeit, nicht alles Wissen der Welt für alle Zeit in sich tragen zu müssen und nur das wiederzuerlangen, was wirklich notwendig war.
Doch sollte das bedeuten, dass sie nach ihrem Tod auch sich selbst vergaß?
Wäre sie irgendwann in der Zukunft eine völlig Fremde, die keine Ähnlichkeit mehr hatte mit dem, was sie jetzt war?
Dieser Gedanke war ihr nie gekommen und mit dem Traum, der ihr noch immer eiskalt in den Gliedern steckte, breitete sich tiefes Entsetzen aus. Das war nicht das, was sie wollte.
Sie war eine Kriegerin, sie liebte es, in die Schlacht zu ziehen und furchtlos dem Feind gegenüber zu treten. Die Vorstellung an diese hilflose Frau, die sie in ihrem Traum gesehen hatte, war beinahe schlimmer als das, was ihr dort angetan wurde.
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und, noch immer getrieben von den Bildern ihres Traums, fuhr herum und starrte in Alkanas Augen, die sie besorgt ansahen.
„Was um aller Drachen Willen ist denn los mit dir? Du hast geschrien im Schlaf und jetzt bist du.. so..
seltsam.“
Lauriel sah zu ihm und brachte ein paar Schritte Raum zwischen sich und ihn. „Es tut mir leid. Es.. war nur ein seltsamer Traum.“
Alkanas sah sie an und zum ersten Mal sah sie einen Hauch von Bitterkeit in seinem Gesicht. „Dann erzähl mir davon.“ Sie schloss die Augen.
„Das geht nicht.“
„Warum?“, begehrte er auf.
„Warum kannst du mir nichts erzählen? Warum muss alles so geheimnisvoll sein? Habe ich dir irgendeinen Grund gegeben, mir nicht zu vertrauen?“
Lauriel erschrak über die Verzweiflung, die sich in seinem Blick und in seiner Stimme spiegelte. „Nein.. das .. das ist es nicht.“
„Was dann?“
Seine Stimme war wütend und beinahe trotzig.
„Was ist es, was dich immer wieder von mir wegtreibt, Shadia. Du spürst doch das gleiche wie ich, das sehe ich in deinen Augen.“
Lauriel schluckte und rang hilflos nach Worten.
„Aber es hilft doch nichts. Unser Weg wird sich früher oder später trennen, Alkanas und wenn..“ Er kam einen Schritt auf sie zu und sie wich einen Schritt zurück.
„Wenn was? Du kannst doch gar nicht wissen, was passiert, Shadia. Du hast Angst vor etwas, von dem du nicht einmal weißt, ob es wahr ist.“
„Bitte..“, Lauriel sah ihn an und sah den Kampf, den er mit sich selbst austrug.
„Bitte was? Shadia ich bin nicht blind, wir wollen beide das gleiche, nur dass du dich die ganze Zeit dagegen wehrst.“
Er schrie die Worte beinahe.
„Aber ich..“
Weiter kam sie nicht.
Mit wenigen Schritten überbrückte er den Abstand zu ihr, nahm ihr Gesicht in seine Hände und legte seine Lippen auf ihre.

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